Interview mit Landestrainer Vladimir Gajic
Judo in BW:
Vladimir, seit letztem Jahr bist du inzwischen in unserem Landestrainerstab und vor allem in der u18 und in Heidelberg eingesetzt.
Darüber freuen wir uns sehr und sind gespannt auf die gemeinsame Arbeit im Nachwuchsleistungssport.
Um dich ein bisschen besser kennenzulernen. Erzähle uns von dir 😊
Vladimir:
Ja, na klar – Das mache ich sehr gerne, denn ich finde meine Lebensgeschichte recht interessant und etwas turbulent. Während meiner gesamten Sportkarriere erlebte ich viele Höhen und Tiefen. Was mich, glaube ich zumindest, zu einem stärkeren Menschen gemacht hat.
Judo in BW:
Erzähl uns gerne wie deine ersten Monate in Baden-Württemberg verliefen.
Vladimir:
Den ersten Kontakt mit der Region Baden-Württemberg hatte ich 2019, als ich zum ersten Mal in der Bundesliga startete. Zuvor hatte ich keinen Kontakt zu dieser Region. Als Fabian Schley mich zum ersten Mal anrief und fragte, ob ich Lust hätte, in der Liga für Karlsruhe zu kämpfen, war meine erste Frage, wo Karlsruhe liegt. Ich hatte noch nie von dieser Stadt gehört. Ich dachte, es sei ein kleiner Ort, eher wie ein Dorf. Als ich ankam, war es um mich geschehen! Ich habe mich in die Stadt verliebt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Lust nach Deutschland zu kommen, um dort zu leben. Aber von Jahr zu Jahr wuchs dieser Wunsch irgendwie, ebenso wie Jobangebote. Alles hat sein Warum, davon bin ich überzeugt! Ich denke, der einfachste Weg BaWü zu beschreiben und für die Leute verständlich zu machen, ist, dass dies mein neues Zuhause ist. Fabian Schley war für die touristische Besichtigung der Region und die Vermittlung historischer Fakten zuständig. Ich kann ehrlich sagen, dass es eine der schönsten Regionen ist (Sonniger wäre natürlich noch schöner!).
Judo in BW:
Wie schön, dass du dich wohl fühlst und angekommen bist!
Was kannst du uns über dich und deinen bisherigen Werdegang im Kampfsport erzählen?
Vladimir:
Etwas mehr über mich und meinen Werdegang, es wird interessant! Passt auf! 😁
Ich wurde am 17. Januar 1991 in Ruma (Serbien) geboren. Dort habe ich die Grundschule abgeschlossen und mit den ersten Schritten im Judo begonnen. Als Einzelkind hatte ich viele Privilegien bei meinen Eltern, aber sie verwöhnten mich nie. Sie waren ziemlich streng und bereiteten mich gut auf das Leben vor. Dafür bin ich ihnen außerordentlich dankbar.
Da ich ein etwas sturer Mensch bin, musste ich manches auf die harte Tour lernen, auch wenn es zu meinem Nachteil war. Aber wer weiß, warum es gut ist. Ich habe das Gymnasium in Sremska Mitrovica abgeschlossen. Der Schwerpunkt lag hier auf Landschaftsarchitektur. Damals dachte ich, dass es meine Berufung im Leben sein würde, auch wenn ich bereits beachtliche Ergebnisse im Judo erzielt hatte. Im Jahr 2010 schrieb ich mich in die Fakultät für Landschaftsarchitektur ein und zog nach Novi Sad. Dort nahm meine Sportkarriere noch mehr Fahrt auf, aber die Schule begann sehr zu leiden. Als sich spätere abzeichnete, dass ich meine Karriere imSport als Trainer fortsetzen wollen würde, machte ich eine Ausbildung zum Berufstrainer an der Universität Novi Sad und wechselte parallel in ein Sportstudium.
Ich kann sagen, dass ich meine ersten Judo-Schritte bereits als Baby gemacht habe, da mein Vater ein erfolgreicher Judoka war. Er ist Schuld, dass ich Judo mache 😁 Der Beginn meiner Karriere in 2000, war nicht einfach für mich. Wenn man von Anfang an in der stärksten Gewichtsklasse kämpft, ist das nicht immer ein einfacher Weg. Aber ich war hartnäckig und habe bei internationalen Turnieren viele Medaillen gewonnen. Bei den Kadetten gewann ich die ersten nationalen Medaillen. Ich erreichte immer das Finale, nie aber den ersten Platz. Im ersten Jahr der Junioren, im Jahr 2008, beginnt eine Serie von Goldmedaillen. In diesem Jahr gewann ich Gold bei den Junioren und U23 bei nationalen Meisterschaften und Silber bei den Senioren. Das darauffolgende Jahr gestaltete sich ähnlich, ich wurde Champion des Balkans. 2010, alle drei Goldmedaillen, erneut Gold auf dem Balkan und dieses Mal für die Senioren (obwohl ich noch Junior war). Gold beim EuroCup in Belgrad, Bronze beim Sarajevo EuroCup, Gold beim Dubrovnik EuroCup, 5. Platz EM u23 Jahren in Bulgarien. In diesem Jahr war die Liste wirklich lang. Neben Judo kämpfte ich auch im Sambo, wo ich noch bessere Ergebnisse erziele, u.a. Bronze bei den Europaspielen. Das jüngste Ergebnis war der Vizeeuropameistertitel 2023 und ebenso Silber bei den World Combat Games.
Judo in BW:
Wow, wir staunen schwer! Was macht dich als Person / als Trainer aus?
Vladimir:
Ich denke, dass meine strengen Regeln und Judo-Codes mich als Trainer und als Person geformt haben. Vielleicht irre ich mich, aber ich denke, das wird die Zeit zeigen. Wenn ich Kindern beibringe, was Judo ist, vermittle ich ihnen zunächst die moralischen Werte, die Judo mit sich bringt. Und später ist Judo nicht nur ein Sport, sondern auch ein Lebensstil. Wir leben Judo, wer etwas anderes sagt, lügt 😁 Deshalb hat die EJU den Slogan „Judo - mehr als Sport“.
Judo in BW:
Was sind deine Ziele hier in Baden-Württemberg?
Vladimir:
Mein Ziel hier ist es, das stärkste Team zu bilden. Wenn sie die Matte so betreten, dass der Gegner Angst vor ihnen hat, habe ich etwas richtig gemacht. Ich möchte unsere Region durch unsere SportlerInnen bestmöglich repräsentieren, und zwar sportlich. Um ihnen beizubringen, dass sie später und am Ende ihrer Karriere durch ihr vorbildliches Verhalten gute Menschen sein werden. Um ehrlich zu sein: Wenn wir irgendwo mit anderen Bundesländern auf einem Camp sind, schaue ich nicht darauf, wer von wo kommt. Wir haben alle dasselbe Ziel und das ist eine starke deutsche Mannschaft zu werden. Wer Dinge anders macht, ist kein Teamplayer. Ein Team, ein Traum 😁
Judo in BW:
Hattest du in deiner Kindheit einen Superhelden? Wenn ja, wen?
Vladimir:
Mein Idol und mein Superheld ist mein Vater. Dies bedarf keiner weiteren Erklärung. Natürlich ist auch meine Mutter zu erwähnen. Sie war und ist meine größte Stütze.
Judo in BW:
Was machst du außerhalb der Matte gerne?
Vladimir:
Ich bin ein Genussmensch, ich vergnüge mich wirklich gern. Ob gutes Essen oder Shoppen, das spielt keine Rolle. Wenn ich nicht auf der Matte bin, setze ich mich selbst auf Nummer 1😁, denn wenn ich von innen heraus glücklich bin, geht es allen um mich herum gut.
Judo in BW:
Auf was kannst du in deinem Leben nicht verzichten?
Vladimir:
Hmm, schwierige Frage, vielleicht alles, was ich nicht ohne Geld tun kann 😂 Ich kann nicht ohne Judo auskommen. Es ist eine Art Liebe, die seit mehr als 20 Jahren besteht.
Judo in BW:
Was ist deine Lieblingstechnik / deine Stärke auf und außerhalb der Matte.
Vladimir:
Ich habe zwei: Soto-Make-Komi und Drop Seoi Nage.
Und was das Krafttraining angeht, stehen für mich vor allem Kreuzheben und Kniebeugen im Vordergrund.
Judo in BW:
Was ist dein Lebensmotto?
Vladimir:
Mein Motto hängt immer von der jeweiligen Situation ab. Aber immer, wenn ich Dinge erklären möchte, die in meinem Leben passiert sind: „Alles passiert aus einem bestimmten Grund. Gott hat den Weg längst vorgegeben.“
Judo in BW:
Einfach klasse, dass du im Team bist!
Wir freuen uns auf viele weitere unvergessliche Judomomente mit dir!
Foto: Marcel Sutter